Gemüse vom Feld auf den Tisch

29. Mai 2008 / Simon Hofer

Anlässlich einer Exkursion der Schweizerischen Landjugendvereinigung gingen 28 Personen im Seeland dem Gemüse auf die Spur. Dabei fielen vor allem die stets steigenden Anforderungen des Detailhandels auf. Ständige Lieferbereitschaft, konstante Qualität und genaue Rückverfolgbarkeit um nur einige zu nennen. Die Spezialisierung und Professionalisierung nimmt zu.

Surrende Kühlaggregate, wildkurvende, mit Gemüsekisten beladene Kleinlaster, einparkende Sattelschlepper - an einem Samstagmorgen herrscht reges Treiben bei einem Gemüsehändler im Seeland. Wir stehen vor dem Verarbeitungsgebäude und werden vom Geschäftsführer begrüsst. Dabei betont er gleich: «Der Begriff Gemüsehändler ist veraltet, wir sind heutzutage vielmehr ein Dienstleistleistungsbetrieb in der Branche.» Vom Rüsten und Waschen übers Verpacken bis zum Verladen geht ihr Dienst und schliesst die Lücke zwischen Produzent und Detailhändler. Dabei geht aber eine wichtige Funktion vergessen. Der Gemüsehändler muss gegenüber dem Detailhändler die Lieferbereitschaft während des ganzen Jahres sicherstellen. Dies zwingt ihn während Ernteausfällen oder Verzögerungen sofort aus anderen Regionen Gemüse zu organisieren, nötigenfalls auch aus dem Ausland.

Alltäglicher Zeitdruck

Die Führung führt uns durch verschiedene Produktionsräume mit unterschiedlichen Hygienestufen. Überall kann etwa der gleiche Aufbau beobachtet werden: Zubereiten, Verpacken, Etikettieren und Palettisieren. Danach werden die fertigen Produkte in Kühlzellen zwischengelagert, bis sie geholt werden. Doch lange dauert dies nicht, die letzte Bestellung kommt um 17 Uhr und bis um 19 Uhr muss geliefert werden. Zeit bleibt somit wenig zum Warten. Das ganze System vom Produzenten bis zum Transporteur muss funktionieren.

Die Detailhändler bestimmen die Zukunft

Überall müssen wir passierenden Palettenrollis oder Arbeitern ausweichen. «Die Produktion platzt aus den Nähten. Seit die Detailhändler sich auf wenige Lieferanten beschränkt haben, konnten wir zulegen.»; erklärt unser Führer. Die Konzentration bei den Detailhändler hat aber auch negative Spuren hinterlassen. Von den ursprünglich 32 Gemüsehändler im Seeland sind heute nur noch 16 tätig und die Zusammenarbeit ist gestiegen. Neben den Mengen hat aber auch der administrative Aufwand zugenommen. Um ein ganzes Stockwerk wurde der Bürokomplex aufgestockt, wobei der Umsatz nur wenig gesteigert werden konnte. Dafür muss heute der Weg jedes Beutels Schnittsalat rückverfolgt werden können.

Regelmässige Kulturen für automatische Ernter

Gläserne Treibhäuser soweit das Auge reicht - einzig die kleinen Verarbeitungsgebäude und die Unterkünfte der Arbeiter sind eine Abwechslung fürs Auge. Das Treibhausquartier in Ried bei Kerzers FR umfasst mittlerweile 12 Hektaren Treibhauskulturen. Oft werden die traditionellen Kulturen wie Tomaten und Gurken angebaut, nicht so beim Betrieb unserer Exkursion. Zweieinhalb Hektaren Radieschen hat es im Treibhaus und dies während des ganzen Jahres. Manche/r von uns staunte nicht schlecht, Radieschen wachsen doch auch draussen. Doch als einer der zwei Besitzer während der Führung den automatischen Ernter vorführt, wird allen klar, dass nur qualitativ hochwertige und absolut regelmässige Kulturen auf einer ganz flachen Unterlage geerntet werden können. Der automatisch gesteuerte Ernteroboter nimmt die Radieschen auf und bindet immer elf zu einem Bund zusammen. 150 Bünde macht er in der Minute, was der Leistung einer Person in einer Stunde gleich kommt.

Professionalisierung als Bedingung

Bewässert wird über die an der Decke aufgehängte Bewässerungsanlage. «Im Frühling benötigt die Kultur drei Wochen Wachstumszeit und 120 mm Wasser im Winter dagegen zweieinhalb Monate und nur 40 mm Wasser», erklärt der Gemüsegärtner. Man spürt sofort, dass es sich hier um einen absoluten Radieschen Spezialisten handelt. Dies unterstreicht auch die Position des Betriebs im Schweizer Markt. 30% bis 50% der Inlandproduktion stammen von hier, ob die Grenzen offen oder geschlossen sind für die Ware vom Ausland. Der Preis sei schon etwas mehr unter Druck bei offenen Grenzen, wobei die Preise im Ausland auch tendenziell gestiegen sind, erläutert der Teilhaber. Unser Rundgang geht weiter zum Verarbeitungsgebäude. Dort werden die Radieschen in einer Anlage gewaschen und in kundenspezifische Gebinde verpackt. Mit den eigenen Kleinlastwagen werden sie weggeführt und danach in die halbe Schweiz verfrachtet. Jetzt am Samstagmittag herrscht bereits etwas Ruhe. Die letzten Lieferwagen werden beladen, danach ist nach fünfeinhalb Arbeitstagen Pause bis am Montag.

Spezialisierung nicht über alles

Nur auf die Radieschen wollten sich die Gebrüder aber nicht spezialisieren, auf den restlichen neun Hektaren wird herkömmliches Freilandgemüse angebaut. Dies ist auch der weitere Weg unserer Exkursion, eine Besichtigung quer über die Ebene des Mooses. In einem Wagenschopf auf der anderen Seite ist unser letztes Ziel. Ein Gemüseschnitzkurs soll den Teilnehmenden die dekorative Seite des Gemüses aufzeigen. Nach einem gemütlichen Apéro und Essen gehen die Teilnehmenden wieder ihre eigenen Wege. Ganz sicher wird ein Gemüselastwagen von nun an mit anderen Augen betrachtet.

Meinung zum Anlass: Martina Stucki und Daniel Studer, Landjugend Wil und Umgebung

Wir erlebten eine sehr eindrückliche Besichtigung im Gemüseanbaubetrieb. Für uns Ostschweizer sind solche Fläche im Gemüseanbau im Gewächshaus Neuland. Die Vorführung des Radieschenvollernter war eine einmalige Erfahrung, die uns sehr beeindruckt hat. An diesem Tag wurde uns wieder erneut bewusst, dass wer solche Intensivkulturen anbaut, ein grosser Einsatz an Wille für die Landwirtschaft vorhanden ist. Somit hoffen wir, dass die Landwirtschaft in Zukunft wieder besser in der Politik vertreten wird und wieder mehr Bedeutung für den Konsumenten hat. Der Gemüsetag, wird uns sehr gut in Erinnerung bleiben.

Meinung zum Anlass: Fabian Kunz, Landjugend Oberland (ZH)

Mich beeindruckt wie eng die ganze Zeitplanung bei dem Verarbeiter ist. Kaum ist die Ware geerntet, wird sie schon in die ganze Schweiz verteilt. Dazu ist eine komplexe Organisation nötig. Beim Gemüsegärtner finde ich die Spezialisierung enorm. Ich würde eine Risikoverteilung auf verschiedene Betriebszweige bevorzugen.

Meinung zum Anlass: Sonja Geissbühler, Landjugend Oenztal

Die Masse an Gemüse, die im Seeland täglich geliefert, verarbeitet und weiterverteilt wird ist enorm. Beeindruckend ist die Professionalisierung der Produktion auf den Betrieben. Nachdenklich stimmt mich jedoch der Drang der Konsumenten, das ganze Jahr über das riesige Gemüsesortiment in den Regalen zu finden, ohne sich Gedanken zu machen, woher es kommt. Wann welches Gemüse Saison hat, wissen nur noch Selbstversorger, die meisten Konsumenten haben leider keine Ahnung mehr und interessieren sich auch nicht mehr dafür.